Psychologische Praxis Langenselbold

Systemische Therapie

Die Systemische Therapie wurde ursprünglich Familientherapie genannt und am Anfang immer mit der ganzen Familie durchgeführt. Heute arbeitet man auch mit Einzelpersonen und “denkt” sich die Familie dazu, bzw. man stellt sich vor, wie die Familie auf bestimmte Entwicklungen reagieren würde.

Man kann sagen, zum einen ist die Systemische Therapie eine Sammlung von Techniken, mit denen man mit mehr als einem Klienten arbeitet: also z.B. mit einem Paar oder mit einer ganzen Familie.

Zum anderen ist die Systemische Therapie jedoch auch eine Frage der Einstellung zum vorgestellten Problem: ist eine sogenannte “Depression” immer nur das Problem des Klienten, der sie “hat”? Sicherlich nicht. Es ist klar, daß alle anderen in der Familie, ob nah oder ob fern wohnend, in der einen oder anderen Weise davon betroffen sind.

Man kann nun hier noch einen Schritt weiter gehen: wenn man annimmt, daß Menschen in einem System - z.B. in einer Familie - wechselseitig aufeinander einwirken, dann kann man sagen, daß jedes Verhalten des Einzelnen auch auf die anderen wirkt - ob er das möchte, oder nicht. Das bedeutet aber auch, daß die Problematik “Depression” auf die anderen wirkt, und daß die anderen auf den Einzelnen zurück Wirkung nehmen.

Der systemisch arbeitende Therapeut beschäftigt sich sehr intensiv mit diesen Wechselwirkungen und fragt daher manchmal ein wenig ungewöhnliche Fragen, die sich mit den Wechselwirkungen zwischen Klient --- Symptom --- Familie beschäftigen. Im folgenden einige Fragebeispiele sowie auch eine mögliche Antwort als Beispiel.

“Welche Vorteile hat Ihre Depression?” - “Meine Schwiegermutter schont mich”

“Welche Nachteile hätte es, wenn Ihr Selbstbewußtsein größer würde?” - “Ich würde mich mit meinem Chef sicherlich streiten und müßte evtl. einen anderen Job suchen”

“Wer in Ihrer Familie merkt zuerst, wenn Ihr Verfolgungswahn einen neuen Besuch bei Ihnen abstatten möchte, und was macht er dann?” - “Meine Mutter sagt, sie merkt es zuerst; ich glaube, sie beginnt dann mit den anderen zu tuscheln und telefoniert heimlich mit dem Arzt”

“Stellen Sie sich ´mal vor, Ihre Angst wäre über Nacht weg - was würden Sie tun, und wie würde Ihr Freund darauf reagieren?” - “Am liebsten würde ich dann viel ausgehen, Shopping, Disco, einfach nachholen; ich glaube, er würde sehr eifersüchtig und einen höllischen Krach mit mir anfangen”

Es geht hier nicht darum, daß der Klient seine Symptome “absichtlich macht”, um sich z.B. zu schonen. Niemand tut so etwas. Es geht auch nicht darum, daß plötzlich alle anderen “schuld sind” am Problem eines einzelnen. Niemand “macht einem anderen eine Angststörung”. Es sollte hier die Idee der Wechselwirkung deutlich gemacht werden, insbesondere auch in den beiden letzten Beispielen.

Nehmen wir ein ganz anderes Beispiel, einen “Klassiker”, zum Thema “exotisches Verhalten eines einzelnen erklärt sich, wenn man den Blick erweitert”: wie schwer gestört ist ein Mann, der sich in regelmäßigen Abständen schwarz kleidet, nachmittags zuhause verschwindet, zu einer Wiese bzw. einem Rasen geht und dort in extrem hohem Tempo auf und ab rennt, schreit, pfeift, mit bunten Karten winkt?

Wie lautet Ihre Einschätzung? Und wie lautet Sie, wenn Sie nicht nur den Mann alleine betrachten, sondern dazu noch beachten, daß immer auch andere Menschen, meistens 2 x 11, meistens Männer, beteiligt sind, sowie ein Ball, zwei Tore, vier Eckfahnen...?

Allein betrachtet hätte man den ersten Herren leicht eingewiesen, im “System” betrachtet ergibt sein Verhalten einen Sinn.